Sonntag, 19. August 2012

3. Tag vor Anker..

Das Leben scheint am Wochenende stattzufinden: Während gestern die Schlei und insbesondere das von meinem Ankerplatz zu beobachtende Fahrwasser nahezu  überfüllt von Segel- und Motorbooten war, erscheint die Schlei heute wie ausgestorben... 
Alte neue Erkenntnis: Wer Ruhe haben will muss sich antizyklisch verhalten und alles ist gut...! 


Der Wind hat über Nacht eher zugenommen und bereits vor dem Einschlafen habe ich mit dem Gedanken gespielt, in der Achterkajüte zu nächtigen, weil in der Bugkajüte die Ankerkette knarzte und die Wellen in den unterschiedlichsten Geräuschfacetten unaufhörlich an den Bug schwappten.  

Da Seeluft nicht nur hungrig, sondern auch müde macht, konnte der „Umzug“ ausbleiben und trotz des „Lärms“ bin ich selig entschlummert, nur gelegentlich unterbrochen von dem erträglichen Wechselspiel der Rückenschmerzen, die mir „Wind und Sonne auf nasser Haut“ beschert haben.

Der Himmel ist heute durchwachsen: Blaue Passagen wechseln sich mit heller und etwas dunklerer Bewölkung ab und die Leistung von ELSE`s Solarmodul variiert zwischen 20 und 90 Watt. Durchgängig 90 Watt wären mir lieber, weil sich trotz des soliden, gestrigen Ertrages das Ende der Batteriekapazität nährt: Das wird daran liegen, dass meine Batterien seit der Tiefentladung durch den „Bootsspezialisten“ sicherlich nicht mehr die gesamte Kapazität haben und zudem vor Fahrtbeginn sicherlich nicht voll waren. 


Vielmehr habe ich aber einen relativ hohen „Ruhestromverbrauch“ des „Gehirns“ von ELSE  in Verdacht: Beim Einschalten der Hauptschalter geht ja die gesamte „Elektronik“ mit ihren zahlreichen Relais, LED`s und „Mikroprofessoren“ in Betrieb und das macht sie sicherlich nicht ohne ausgiebigen Stromverbrauch...

Nachmessen würde Klarheit bringen, aber will ich es überhaupt wissen ? Zudem zehrt natürlich auch die Ankerwache des GPS und das Ankerlicht an den Stromvorräten, der Kühlschrank ist im Verbrauch schon etwas zurückgegangen, nachdem ich ihn von 5°C auf 7°C hochgestellt habe. 


ELSE  dreht sich im 3-Minuten-Takt um ca. 130° mit beachtlicher Geschwindigkeit hin und her, so dass man das gesamte Uferpanorama, ohne auch nur einmal den Kopf zu drehen, regelmäßig „abscannen“ kann. 

Außer dreier Kühe, die regelmäßig ihre Position verändern, ist allerdings nichts Bemerkenswertes zu beobachten. 

Der Anker hält beruhigend: Bei dem zunehmenden Wind hatte ich das nächtliche Piepen der Ankerwache erwartet, aber offensichtlich sind 30 m Kette auf 3 m Wassertiefe gut geeignet, der ELSE  auf dem krautigen Grund der Schlei ausreichend Halt zu geben.  

In der vorvergangenen Nacht hatte die Ankerwache einmal angesprochen und ich habe dann den "Überwachungsradius" von 0,01 NM auf 0,02 NM vergrößert, was sich auch schon in der Vergangenheit ein paar Mal als sinnvoll erwiesen hat. Danach war bis heute Ruhe !

Auf dem einige 100 m neben mir, auch seit 3 Tagen, ankernden Segler tut sich nix, die Besatzung beschäftigt sich offensichtlich ausschließlich mit Schlafen oder Schwimmen...! 

Dafür ist eine andere Segelschiffsbesatzung mitten im Fahrwasser damit beschäftigt, das beim Bergen offensichtlich aus irgendwelchen Gründen ins Wasser gefallene Vorsegel aus demselbigen herauszufischen (wie geht das denn ???), vielleicht waschen sie das Vorsegel ja auch nur...! 

Genug der „Spannerei“, ich werde mich nun der mitgebrachten Arbeit widmen, damit der kommende Mittwoch nicht gleich wieder mit den dann nur umhergereisten, aber nicht erledigten Karteileichen beginnt...

Nachtrag : 

Zu früh gefreut: 

Gerade noch habe ich über die Haltekraft des Ankers „philosophiert“: Keine halbe Stunde später geht es nach fast drei Tagen sicherem Halt los: Der Ankeralarm piept aufgeregt und der im GPS mitgezeichnete "Track" dokumentiert den langsamen, aber stetigen Weg der ELSE auf das Ufer zu.


So langsam ist die Bewegung überhaupt nicht, mittlerweile werde ich ansatzweise hektisch, weil die Wassertiefe immer weiter abnimmt und das baldige Erreichen der 1-m-Linie angezeigt wird. 


Alarmmäßig Motor an, Badeleiter runter, Schwimmweste um (falls ich  beim Ankermanöver reinfalle, möchte ich 1. nicht untergehen und 2. wieder an Bord kommen), Anker hoch, 200 m gegen den Wind vom Ufer weg, Anker runter, gesamte Kette rausgelassen und einen kräftigen Gasstoß rückwärts und augenscheinlich hält der Anker (bis zum nächsten Mal !). 


Beiläufig habe ich wahrscheinlich ein prähistorisches Unikat achtlos ins Wasser zurückgeworfen: Beim Lichten des Ankers hing an diesem irgendetwas, was ich für einen großen Lehmklumpen hielt: Beim Abstreifen des guten Stückes merkte ich, dass es offensichtlich ein nicht auf natürliche Weise geformtes Stück Holz oder etwas anderes Wertvolles ist, besser gesagt: war... Es ist nämlich einfach zurück ins Wasser geplumpst...!
Der Anker hält dann im weiteren Tagesverlauf auch nicht wirklich:  durch die drehende Windrichtung treibt Else allerdings nicht mehr auf das Ufer zu, sondern parallel zu diesem...
 Nach dem oben beschriebenen Ankermanöver " schleift " Else dann in Tagesverlauf  bis zum Aufbruch am frühen Abend ( siehe vorletzter Post)   gemäß GPS  ca. 300 m parallel zum Ufer, was mir allerdings relativ egal ist, weil noch weitere ca. 2 km bis zum "Stranden" verbleiben...
Gegen 19:00 Uhr geht es dann bei starkem Wind in Richtung Kappeln zurück ... das Ergebnis ist bekannt ( siehe vorletzter Post).


Stattgefunden hat das Erlebte und Geschilderte bereits am vergangenen Montag....

ELSE`s  "schwojen" am Anker...


Der erfreuliche Solarstrom, entspricht derzeit, am frühen Morgen, etwa 54 Watt...




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